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Welttag der portugiesischen Sprache und das gewisse Zusammengehörigkeitsgefühl

Fernanda Rodrigues

5. Mai 2023

Als Lehrerin, Autorin und immerwährende Studentin des Gebrauchs von Wörtern fasziniert mich die Vorstellung, wie sehr unsere Identität durch unsere Muttersprache und die Sprachen, die wir im Lauf unseres Lebens lernen, geprägt wird. Diese Faszination liegt beispielsweise in der Wortwahl für ein Gedicht und auch in dem berühmten Dilemma, in dem ich mich jedes Mal befinde, wenn ich versuche, einem Ausländer oder einer Ausländerin die umfassende und doch einzigartige Bedeutung des Wortes „saudade“ zu erklären.

Im Jahr 2019 verkündete die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) den 5. Mai als Welttag der portugiesischen Sprache. Der Website der Organisation zufolge ist Portugiesisch die auf der südlichen Erdhalbkugel am häufigsten und weltweit die am fünfthäufigsten gesprochene Sprache. Bis Ende des Jahrhunderts werden mehr als 500 Millionen Menschen Portugiesisch sprechen. Mit all ihren sprachlichen Varietäten werden diese 500 Millionen Menschen den gleichen Ausgangspunkt haben, um Gedanken auszudrücken, Kultur zu gestalten und Träume zu verwirklichen: die portugiesische Sprache, die in einem Gedicht des Schriftstellers Olavo Bilac als letzte Blüte des Latiums („Última flor do Lácio“) beschrieben wurde. 500 Millionen Menschen, die „saudade“ (Weltschmerz) empfinden werden und diesen mindestens einmal in ihrem Leben zum Ausdruck bringen können.

Wir sind eine Gemeinschaft

Das ist keine geringe Zahl, vor allem wenn ich die Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (Comunidade dos Países de Língua Portuguesa, CPLP) betrachte. Tatsächlich erfüllt mich dieses Gefühl, dass wir mehr als nur einzelne Länder mit portugiesischsprachigen Menschen sind, sondern eine Gemeinschaft bilden, die zur Förderung der Kultur zusammenarbeitet, mit besonderem Stolz und weckt meinen Eifer. Stolz, die Sprache zu unterrichten, Bücher zu schreiben und in der Lage zu sein, den Dialog mit Muttersprachler:innen und ausländischen Studierenden zu fördern. Eifer, mehr über die Kulturen der anderen Mitgliedstaaten der CPLP zu erfahren.

Es sind neun an der Zahl (Angola, Äquatorialguinea, Brasilien, Guinea-Bissau, Kap Verde, Mosambik, Osttimor, Portugal sowie São Tomé und Príncipe), die sich auf die vier Kontinente Europa, Amerika, Afrika und Asien verteilen und damit 7,2 % der Erdoberfläche ausmachen. Nicht nur die Zahlen sind enorm, sondern auch die unterschiedlichen Arten von Musik, Literatur, Theater, Kino sowie alle anderen Kunstformen und Bildungsmaßnahmen, die zur Entstehung von Kultur in der portugiesischen Sprache beitragen. Das bietet vielfältige Möglichkeiten, unsere Sprache zu feiern.

Aufgrund der weiten Verbreitung des Portugiesischen auf der Welt gibt es entsprechend viele Begegnungsstätten. Mein persönlicher Favorit ist ein Besuch des Museums der portugiesischen Sprache. Dieses Museum hat nicht nur das Ziel, die Entwicklung der portugiesischen Sprache im Laufe der Jahre aufzuzeigen, sondern auch ihre ganze Schönheit und Komplexität herauszustellen.

Immaterielles Kulturerbe

Das „Museu da Língua Portuguesa“ in São Paulo, Brasilien will den Besucher:innen deutlich machen, dass Sprache letztlich all denen gehört, die sie sprechen – und sie demnach lebendig, wandelbar und vielfältig ist. Dieser Ort, an dem Portugiesisch von seinen Ursprüngen bis zur heutigen Umgangssprache und mit all seinen Subjektivitäten präsentiert wird und der Linguistik, Kunst und Technologie vereint, ermöglicht ein echtes Eintauchen in die Sprache. Hier kann man auch nachvollziehen, wie die portugiesische Sprache Wissen aus anderen Sprachen – wie afrikanische, indigene, asiatische oder europäische – aufgenommen hat und damit ihr eigenes sprachliches Repertoire kontinuierlich weiterentwickelt.

Ein Besuch im Museum zeigt uns, wie Sprache vor allem den Zweck erfüllt, zwischenmenschliche Beziehungen herzustellen. Auch wenn Sprache kein konkreter Gegenstand ist, den man anfassen kann, wie ein Bleistift oder ein Füller, ist sie eines unserer wichtigsten Besitztümer überhaupt. Sie durchdringt einfach alles, vom kleinsten Gedanken bis hin zu größeren Verhandlungen. Unsere Sprache ist eine Brücke zu anderen und zu uns selbst.

Auch Leben ist Gedenken

Nur wer eine Sprache tatsächlich erlebt, versteht die Dimension des Gefühls, das sie hervorruft. Möchte man also das Gefühl von „saudade“ erfahren, ist es unerlässlich, die Kultur Portugiesisch sprechender Menschen kennenzulernen. Das Empfinden von „saudade“ als Vermissen eines Ortes oder einer Person zu beschreiben, ist eine so oberflächliche Definition, dass sie der wahren Bedeutung von „saudade“ nicht gerecht wird. Hinter diesem Wort steht ein Konzept: Es geht weit über Sehnsucht hinaus und umfasst einen Schmerz bzw. eine gewisse Melancholie und erschließt sich denjenigen, die die Sprache lernen aus den Vorstellungswelten, die sich beispielsweise in brasilianischen Bossa-Nova-Stücken wie dem klassischen „Chega de saudade“ von Tom Jobim und Vinicius de Moraes und in portugiesischem Fado wie dem Lied „Fado da saudade“ von Amália Rodrigues ausdrücken, und reicht bis hin zu der sehr bekannten brasilianischen Redewendung „saudade do que nunca vivemos“, was so viel heißt wie Sehnsucht nach dem, was wir nie durchlebt haben. Ich denke, es ist praktisch unmöglich, diese Musik zu hören und nicht zu fühlen, was „saudade“ ist.

Ob man „saudade“ empfindet oder nicht – beim Gedenken an das Bestehen einer Sprache geht es nicht nur darum, sie in ihrer gegenwärtigen Form zu zelebrieren. Es geht um die Würdigung ihrer Vergangenheit, das Verstehen ihrer Gegenwart und die Planung ihrer Zukunft. So sagte der portugiesische Staatssekretär für Auswärtiges und Zusammenarbeit, Francisco André vor der UNESCO: „Wir dürfen nicht vergessen, dass Portugiesisch die Sprache ist, in der José Saramago geschrieben hat, in der Chico Buarque, Cesária Évora und Matias Damásio singen, und in der Mia Couto immer noch schreibt. Es ist im Hinblick auf Kultur und Bildung eine sehr wichtige Sprache.“ Der Blick auf solche bedeutenden Namen erinnert uns daran, dass wir, die in den CPLP-Ländern geborenen Muttersprachler:innen oder die Portugiesisch als Fremdsprache Lernenden, nicht nur die bisherigen Errungenschaften würdigen, sondern auch Kulturschaffende sein können – ob wie ich durch das Schreiben oder Aufnehmen von Videos oder Podcasts, das Unterzeichnen von Geschäftsverträgen oder das Gründen einer Familie. Und das ist, was es wirklich ausmacht!

Nehmen Sie den Feiertag zum Anlass, mehr zu erfahren

Wenn Sie mehr über die portugiesische Sprache und ihre verschiedenen Kulturen wissen möchten, habe ich hier einige gute Tipps für Sie:

  1. Film: Für Kinoliebhaber:innen ist der Dokumentarfilm Línguas: Vidas em Português ein Muss! Der 105-minütige Film zeigt O-Töne von berühmten und unbekannten Menschen aus portugiesischsprachigen Ländern der ganzen Welt. Regie führte Victor Lopes.
  2. Buch: Latim em pó nimmt Sie mit auf eine Reise durch die Entstehung der portugiesischen Sprache. Das von einem der besten brasilianischen Übersetzer verfasste Buch zielt darauf ab, die Leser:innen zur Reflexion über ihren eigenen Sprachgebrauch anzuregen. Das Werk ist bei der Verlagsgesellschaft Companhia das Letras erschienen.
  3. Buch: Für diejenigen, die mehr über das in Brasilien gesprochene Portugiesisch erfahren möchten, ist Viva a língua brasileira! von Sérgio Rodrigues, das von Companhia das Letras herausgegeben wurde, ein amüsanter Almanach, der die Geschichte der Sprachvarietät in dem Land nachzeichnet und einige Vergleiche mit dem europäischen Portugiesisch anstellt, z. B. beim Gebrauch von „porquês“ (warum). Das unterhaltsam geschriebene Werk ist ein hervorragendes Handbuch zum Nachschlagen, wenn in der Kommunikation Zweifel auftreten.
  4. Kurse: Eine der tollsten Arten, eine Sprache zu zelebrieren, besteht darin, sie zum Kommunizieren zu verwenden. Wer Portugiesisch lernen möchte, kann die Sprachkurse von Altissia nutzen. Für Portugiesisch sprechende Interessenten stehen 24 weitere Sprachen (Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, kanadisches Französisch, Kroatisch, Lettisch, Litauisch, Nordamerikanisches Englisch, Polnisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch und Ungarisch) zur Verfügung. Der Zugang zu diesem qualitativ hochwertigen Unterrichtsangebot ist bequem von zuhause möglich!

Referenzen:

Companhia das Letras. Latim em Pó. Abgerufen am 16. März 2023.

Companhia das Letras. Viva a língua brasileira!. Abgerufen am 16. März 2023.

CPLP — Comunidade dos Países de Língua Portuguesa. Estados Membros. Abgerufen am 16. März 2023.

Museu da Língua Portuguesa. O Novo Museu da Língua Portuguesa está de volta com novas experiências para um contato emocionante com o nosso idioma. Abgerufen am 16. März 2023.

Secretaria da Educação do Estado do Paraná. Língua - Vidas em Português - Dimensões da Língua Portuguesa. Abgerufen am 16. März 2023.

UNESCO. Dia Mundial da Língua Portuguesa destaca crescimento no idioma. Abgerufen am 16. März 2023.